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Unmoralisches Angebot

Pierpaolo Bisoli (Foto: Bordoni)

Die Stimmung beim FC Südtirol ist besser als der derzeitige Tabellenplatz. Warum der Verein weiter auf Federico Valente setzt. Warum Karlo Lulic nicht kommt. Und: Warum eine Rückkehr von Pierpaolo Bisoli ausgeschlossen ist.

von Artur Oberhofer

Den Entscheidungsträgern beim Fußball-Unternehmen FC Südtirol ist der Ernst der Lage bewusst. Südtirols einziger Profi-Fußballclub überwintert zwar mit 20 Punkten und Rang 15 auf einem Nicht-Playout-Platz, allerdings nur wegen der besseren Tordifferenz. Ein Abstieg in die Serie C nach nur zwei Jahren wäre für den FC Südtirol eine Katastrophe. „Auch deswegen werden wir alles daran setzen, auf den richtigen Weg zurückzukommen“, sagt der Geschäftsführer des FCS, Dietmar Pfeifer.

Vertrauen in den Trainer

Eine erste Entscheidung ist denn auch bereits gefallen. Der Verein vertraut Federico Valente. Der ehemalige Trainer der U17 und der U19 des deutschen Bundesligisten Freiburg genießt weiterhin das Vertrauen der Club-Führung und auch jenes der sportlichen Leitung. „Wir sind überzeugt von seiner Arbeit“, erklärt Dietmar Pfeifer, „und auch das Feeling zwischen Trainerstab und Mannschaft passt.“

Der FCS-Geschäftsführer räumt ein, dass Sportdirektor Paolo Bravo in den vergangenen Wochen „mit vielen Trainern geredet“ habe. „Wir hatten vereinbart, dass wir nach der Hinrunde Bilanz ziehen, deswegen wollte unser Sportdirektor vorbereitet sein für den Fall der Fälle.“ Pfeifer bestätigt auch, dass eine Rückkehr des ehemaligen FCS-Trainers Ivan Javorcic sehr wohl „ein Thema gewesen“ sei. Javorcic wäre auch zurückgekommen, obwohl er einen Super-Vertrag bei Venedig hat.

Am Ende sei man aber zum Schluss gekommen, dass man mit Federico Valente weitermachen werde.

Eine Rückkehr von Pierpaolo Bisoli, der bei den Fans einen riesigen Sympathiebonus genießt, schließt Dietmar Pfeifer aus. „Es ist zu einem klaren Bruch zwischen dem Trainer und der Mannschaft gekommen“, erklärt der FCS-Geschäftsführer. Man habe handeln müssen, so Pfeifer.

Die Mannschaft habe die Entscheidungen und die Verhaltensmuster Bisolis nicht mehr akzeptiert. Und nachdem Bisoli sogar seinem Vize im wahrsten Sinn des Wortes an die Gurgel gegangen ist, habe der Verein die Reißleine ziehen müssen.

Nichtsdestotrotz bleibe das, was Bisoli für den FCS geleistet hat. „Hut ab, das vergessen wir auch nicht, aber irgendwann hat es halt nicht mehr funktioniert“, sagt Pfeifer, und erinnert daran, dass Bisoli an all seinen Wirkungsstätten fast nie länger als ein Jahr tätig gewesen sei. Solange die Mannschaft erfolgreich war, hätten die positiven Resultate „die Reibereien überdeckt“, verrät der Geschäftsführer.

Die neuen Spieler

Dass die Serie B kein Honigschlecken ist, das sei allen Akteuren im Verein klar. „Die Serie B“, sagt Geschäftsführer Dietmar Pfeifer, „ist die schwierigste und ausgeglichenste Liga in Europa.“

Als Beleg für seine These nennt Pfeifer den Spieltag vor drei Wochen, als von den sechs erstplatzierten Mannschaften deren vier ihre Spiele verloren haben und nur zwei einen Ausgleich erzielen konnten.

Mit anderen Worten: Die ersten Sechs haben nur zwei von 18 möglichen Punkten geholt.

Federico Valente

Auch die Fans müssten einsehen, dass das letzte Jahr ein außergewöhnliches Jahr gewesen sei, das sich nicht mehr wiederholen werde „Es sollte uns allen bewusst sein, dass wir jedes Jahr im wahrsten Sinne um den Klassenerhalt kämpfen müssen“, sagt Dietmar Pfeifer. Dass der FCS personell aufrüsten müsse, sei klar. Da der Verein aber nur über ein überschaubares Budget verfüge, könnte man keine Kopfsprünge machen. Der Auftrag an die sportliche Leitung, sprich an Paolo Bravo und Hannes Fink, ist klar: In der Defensive und im Mittelfeld braucht es neues Personal.

In der Offensive vertraut man auf die Rückkehr der Langezeit-Verletzten Raphael Odogwu und Matteo Rover.

Mit Salvatore Molina, der mit Crotone (und Giovanni Stroppa) den Aufstieg in die Serie A geschafft hat, stößt ein starker und erfahrener Mittelfeldspieler zum FCS. Zwei Verteidiger und ein weiterer Mittelfeldspieler werden folgen.

Dass der FCS in der Serie B zumindest finanziell mit bestimmten Realitäten nicht mithalten kann, beweist der Fall Karlo Lulic. Der Kroate hatte bereits dem Transfer zum FC Südtirol zugestimmt, es fehlte nur noch die Unterschrift. Gestern gab Lulic dem FCS einen Korb und heuerte bei Bari an.

Der monetäre Hintergrund: Bari bot dem Kroaten einen Vertrag über zweieinhalb Jahre bei einem Netto-Jahresgehalt von 250.000 Euro an.

Ein klassisches unmoralisches Angebot.

Mit einer Gehalts-Obergrenze von rund 180.000 Euro konnte (und wollte) der FCS nicht mitbieten. Spieler, die im letzten Moment umpolen, seien ohnehin Charaktere, die dem FCS nicht weiterhelfen, urteilt Dietmar Pfeifer lapidar.

FCS-Präsident Gerhard Comper und Geschäftsführer Dietmar Pfeifer (Foto: Hansjörg Kofler)

Die Situation beim FCS ist also ernst, aber keineswegs aussichtslos. „Bei einer Hinrunde mit 20 Punkten kann man nicht von der Katastrophen-Hinrunde sprechen“, sagt Dietmar Pfeifer.

Vier bis fünf Punkte hätten die Weiß-Roten aufgrund von individuellen Fehlern liegen lassen. „Mit 24 oder 25 Punkten sähe es schon wieder ganz anders aus“, rechnet der FCS-Geschäftsführer vor.

Die Rechnung ist bald gemacht: Um sich zu retten, muss der FCS in der Rückrunde 22 oder 23 Punkte einfahren. Das sei machbar, ist Dietmar Pfeifer sicher. „Trotz aller Schwierigkeiten sind wir absolut auf Kurs.“

Die nächsten zwei, drei Spiele werden zeigen, ob der FCS mit der „Bestätigung“ von Trainer Federico Valente und mit den Neuzugängen tatsächlich auf die Erfolgsspur zurückkommt. Gerade die von Fans und von verschiedenen Medien geäußerten Vorbehalte gegen Federico Valente – der „nur“ ein Jugendtrainer sei – lässt Dietmar Pfeifer mit Verweis auf einen gewissen Julian Nagelsmann (der es vom Jugendtrainer in Hoffenheim zum deutschen Nationalcoach geschafft hat) nicht gelten. „Valente ist kompetent, er hat Charisma, er arbeitet akribisch, so einem Trainer muss man die Chance geben und ihm den Rücken stärken“, sagt Pfeifer – und fügt dann hinzu: „Auch wenn wir einen bekannten Trainer holen würden, hätten wir keine Garantie, dass wir die Kurve kriegen.“

Man müsse zu der Entscheidung stehen. „Ob sie richtig oder falsch war“, sagt der FCS-Geschäftsführer, „wissen wir in fünf, sechs Monaten.“

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